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CD-Cover CD N° one

Warum Gospel?

Von Ulrike Bennett
Chorleiterin Gospelchor Sound´n´Spirit
veröffentlicht im Osterpfarrbrief 2019 „Die Brücke“ der Kirchengemeinde St. Margareta Neunkirchen

Es gibt viele verschiedene Gründe, weshalb Menschen in Chören singen. Oft ist es die Liebe zur Musik, eine wunderbare Gemeinschaft oder der Gedanke an körperliche und geistige Fitness.

Vor fünf Jahren wurde ich gefragt, ob ich einen Gospelchor dirigieren möchte. Ich habe klassische Musik studiert und dabei Spirituals und Gospels nur als Teil der Musikgeschichte gestreift. Aber ich war neugierig und stellte schnell fest, dass es heute auch eine wachsende, aktive Gospelbewegung in Europa gibt. Neben den bestehenden Kirchenchören wird der Wunsch nach moderneren Rhythmen und einer neueren Art, Gott durch Gesang zu danken, immer größer.

Aber wo sind die Wurzeln? Die afrikanischen Sklaven in Amerika waren fleißiger, wenn sie bei der harten Arbeit singen durften - das stellten die Sklavenhalter schnell fest. Sie sangen zuerst ihre landestypischen Lieder auch mit verschiedenen Trommeln. Ihre Sprache sowie die Schlaginstrumente wurden ihnen bald verboten, da die Angst vorherrschte, sie könnten geheime Absprachen treffen, denn der Gedanke an Flucht war allgegenwärtig. Sie durften Gottesdienste besuchen und wurden so mit biblischen Texten vertraut. Diese nutzten sie und sangen nun in englischer Sprache. Die Identifikation mit dem unterdrückten Volk Israel lag nah und die große Hoffnung auf Befreiung und Erlösung.

Viele Texte hatten mehrfache Bedeutungen. So war der Grenzfluss zum gelobten Land, der Jordan, ebenfalls Sinnbild für den Mississippi oder den Atlantischen Ozean, welcher die Unterdrückten von ihrer afrikanischen Heimat trennte. Die Sklaven besangen das Reich Gottes, die neue Heimat beim Herrn nach dem Tode.

Nach Beendigung der Sklaverei wurde gefeiert und gedankt. Man identifizierte sich nicht mehr mit dem Volk Israel, sondern vielmehr mit der Person Jesus von Nazareth. Alle sind befreit worden durch Jesus Christus, den Gott gesandt hat. Alle waren Kinder Gottes und fühlten sich angenommen.

Gospel heißt „Evangelium“, die „Frohe Botschaft“.  So handeln Gospelsongs von der Lobpreisung, Anbetung und Verherrlichung Gottes und seines Sohnes Jesus Christus. Die Textaussage ist der große Unterschied zum Spiritual. Natürlich gab es auch musikalische Weiterentwicklungen. Spirituals sind kollektive Leistungen, welche durch mündliche Weitergabe entwickelt wurden. Mit den Gospels entstanden zum ersten Mal komponierte Werke, und die afroamerikanische Musikrichtung entstand. Einflüsse von Jazz, Blues und Ragtime kamen dazu.

Heutzutage gibt es eine Vielzahl von verschiedener Gospelmusik. Contemporary Black Gospel, White Gospel, European Gospel bis hin zu Gospelmessen.
 
Ich wurde also neugierig, und nutzte meinen Aufenthalt in New York, um am Sonntag in einer der berühmten Kirchen in Brooklyn Gospel zu erleben. Zuerst stand ich vor den im Reiseführer angepriesenen Kirchen, aber es gab unendliche Warteschlangen. Ich fragte mich, ist das noch authentisch?

Als ich weiterlief, hörte ich in jeder Straße Gesang und ging in eine abgelegene Kirche.
Hier waren keine weißen Touristen zu finden. Ich wurde freundlich begrüßt und gefragt, ob ich am Gottesdienst teilnehmen möchte, ansonsten sollte ich hinten Platz nehmen. Ich saß also mittendrin. Eine unglaublich nette Stimmung. Alle sprachen über die Kirchenbänke hinweg, wie es ihnen geht und fragten, wo ich herkomme. Die Frauen waren „gut“ gekleidet in Kleidern und Kostümen und die Herren hatten Anzüge an.

Ein recht buntes Treiben vor der Messe mit immer wieder einsetzendem Gesang. Dann begann die Messe und ich hatte wirklich den Eindruck einer Messfeier. Es ging laut zu, aber auch andächtig und es wurde wunderbar musiziert. Eine große Freude herrschte vor, die Freude am gemeinsamen Miteinander. Die Leute strahlten und fragten mich am Ende: „Did you enjoy it?“ Wie hätte ich bei so begeisterten Menschen mit offenen Gesichtern und Augen, welche mich so herzlich in ihrer Kirche aufnahmen, „nein“ sagen können. Ich vergesse nie den Messdiener mit dem großen Holzkreuz beim Auszug durch die Kirche. Er tanzte im Rhythmus und das Kreuz wankte und schwankte dazu.

Diese Messe war ein unvergesslicher Eindruck für mich, nicht nur in musikalischer Hinsicht. Das Strahlen in den Augen und die Offenheit im Ausdruck versuche ich meinem Chor zur Musik ebenfalls zu vermitteln.

Das ist auch mein Wunsch an Sie für dieses Osterfest, Offenheit, Freude und Dankbarkeit an unseren Gott zu leben.

Vielleicht haben Sie Lust bekommen, an unserem nächsten Gospel-Gottesdienst teilzunehmen, welcher am Sonntag, dem 5. Mai, um 11.00 Uhr in St. Margareta in Neunkirchen stattfindet. Wir freuen uns, wenn Sie mitsingen und mitklatschen.

Und wir freuen uns über neue Mitsänger(innen). Besuchen Sie uns doch einfach einmal in unserer Probe, immer dienstags um 19.30 Uhr im Pfarrheim von St. Margareta.

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spirits ;-)

Der Tipp vom Profi

Beim Proben eines neuen vierstimmigen Titels tun wir uns im letzten Takt noch schwer mit der Harmonie. Ulrike gewohnt ironisch: Haltet den Schlussakkord einfach so lange aus, bis der Ton stimmt.

Nur für uns